Pirna-Grosscotta

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Pirna-Grosscotta

#312

Beitragvon beitrag@gottleubatalbahn.de » 26.05.2015 - 22:07

Beitrag von beitrag@gottleubatalbahn.de »

Heute nun zur Bahnstrecke Pirna-Großcotta.
Die Bahnstrecke Pirna-Großcotta war nur eine Nebenstrecke und hatte erst ab Pirna-Süd einen eigenständigen Streckenverlauf. Meine erlebten Geschichten beginnen also auch erst ab Pirna-Süd.
Für mich war aber damals die Strecke der Anschluss an die große weite Welt.
Vom Zentrum der Stadt, über den Waschhausweg zu Fuß kommend, diente der Bahnkörper ab Pirna-Süd als interessanter Fußweg und war interessanter, als der Fußweg auf der früheren Zehistaer Straße. An die kürzere Schrittlänge, von Schwelle zu Schwelle, hatte man sich schnell gewöhnt. Der kleine Bahnsteig in Pirna-Süd lag hinter dem Bahnhof und war kaum als solcher wahrzunehmen, aber es gab ihn. Dahinter einen Güterschuppen o.ä., kein Wartehäuschen.
Der Weg zwischen den Schienen führte über die Kohlbergstraße, an Gärten vorbei, über den Weg "An der Seidewitz", über eine Brücke über den Bach "Seidewitz" zum Sportplatz Zehista. Hier spielte damals der Fußballsportverein "Traktor Krebs" später "Empor Pirna". Sie wären einmal fast Kreismeister im Fußball geworden, verloren aber das Endspiel gegen die SG Birkwitz.
Nach dem Hochwasser im Juli 1957 waren der Bahnkörper und der Sportplatz stark beschädigt. Der Bahnkörper wurde bis Zehista wieder notdürftig hergerichtet und bis Zehista wieder für den Güterverkehr freigegeben. Der Personenverkehr wurde eingestellt. Am ehem. Sportplatz steht heute eine Kaufhalle. Das Gelände des ehem. Sportplatzes wird nach heutiger Planung für eine Brücke zur Überquerung des Seidewitztales für einen Autobahnzubringer und für die neue Eisenbahnstrecke Dresden-Prag benötigt.
Der "Fußweg" zwischen den Schienen führte uns weiter an Gärten vorbei. Von links kommend, noch heute sichtbar, führte früher ein Anschlußgleis von der Schmiede Herberg auf unsere Strecke. Neben der Schmiede Herberg stand bis nach den Krieg ein hoher Schornstein. Er wurde gesprengt. Ich war Zeitzeuge. Daneben war eine ergiebige Wasserquelle. Das Wasser lief unter der Zehistaer Str. durch, dann als kleines Bächlein durch die Schrebergärten, unterquerte den Bahnkörper und einen weiteren Garten um dann in die Seidewitz zu fließen. Mit dem Bau großer Wohnsiedlungen auf der Rottwerndorfer Str. an der Gottleuba versiegte die Quelle in Zehista.
An der Einmündung des ehem. Anschlußgleises befand sich für uns Kinder ein wichtiger Ort, eine Badestelle an der Seidewitz. Abermals überquert die Bahnstrecke mit einer Brücke die Seidewitz. Aber diese Brücke war etwas Besonderes. Sie war unsere Spielstelle. Wir tummelten uns auf der Brücke, man konnte die Bahnstrecke gut einsehen und zu überhören war ein nahender Zug auch nicht. Man kannte auch den Fahrplan. Wir legten Münzen auf die Schienen, die dann platt waren wie Briefmarken. Am besten spielte es sich neben der Brücke im Bach. Nach weiteren 250 Metern endete unser "Fußweg" am Bahnhof Pirna-Zehista. Immer wenn der Zug in Zehista ankam und der Schaffner "Pirna-Zehista" rief, war ich ganz stolz, denn der Bahnhof war auch etwas besonderes. Hier war immer Winter. Der Bahnhof diente als Verladebahnhof für Kalk aus Nentmannsdorf. Und da staubte es. Heute undenkbar.
Auch gab es unterschiedliche Bahnsteige. Richtung Pirna lief man ein Stück in Richtung Zuschendorf und von Pirna kommend war er gleich am Bahnhofsanfang neben der Schule. Dort gab es in den 50-Jahren eine kleine Wartehalle. In der Nachkriegszeit hatte der Bahnhof eine wichtige Funktion. Da gab es eine Handelsniederlassung "Fritz Kaden". Dort gab es Kohlen, Kartoffeln und andere wichtige Dinge. Gewogen wurde mit einer großen Dezimalwaage und mit Gewichten. Alle größere Mengen wurden damals per Eisenbahn angeliefert.
Für die Einwohner von Zehista war der Zugverkehr wie eine große Uhr. Gegen halb sechs bimmelte es, der Zug kam und jeder im Ort wusste wie spät es war.
Dass der Zug noch weiter fuhr, interessierte uns nicht mehr. Von der Bedeutung des Tunnels in Großcotta haben wir nichts mitbekommen. Das erfuhren wir erst später. Über diese Geschehnisse gibt es einen DEFA-Film "5 Tage - 5 Nächte". Aber Vorsicht, in dem Film ist vielkünstlerische Freiheit.
Vom Bahnhof Großcotta sind nur noch wenige Fragmente übrig. Sogar den Bahnhofsnamen hat man so gut es ging weggeputzt. Nur der zugemauerte Tunnel existiert noch.Eventuell braucht man ihn nochmal. Vielleicht wird die Strecke nochmals reaktiviert, denn hinter dem Bahnhof geht mal die neue Bahnstrecke Dresden-Prag vorbei und die Züge sollen mit 200 km/h dort fahren. Da gibt es viele Materialtransporte vor, allem für die Herstellung der Tunnel.
Dies waren meine Erinnerungen von der Bahnstrecke Pirna-Süd nach Großcotta, jedoch bin ich nie von Zehista nach Großcotta mit dem Zug gefahren, nur im Sommer mit dem Fahrrad an Großcotta vorbei nach Berggießhübel.
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